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"Himmlische Verhältnisse"

Anfänge der Himmelskunde - Himmelskunde für Anfänger
von Klaus Kohl

Was sehen wir?
Der Mond ist eine Kugel, von der fernen Sonne beleuchtet, manchmal von vorne (Vollmond), manchmal recht von der Seite (Halbmond), manchmal fast von hinten (schmale Sichel, zu sehen kurz vor Sonnenaufgang oder kurz nach Sonnenuntergang). Das Spiel wiederholt sich "monatlich", jeden Tag geht der Mond etwa eine Stunde später auf . Nur eine Kugel kann dieses Schattenspiel zeigen (dass der Mond nicht hinten abgeschnitten oder sonstwie merkwürdig geformt ist wollen wir gerne glauben). Er zeigt uns immer dasselbe Gesicht, die Mondphasen können also auch nicht durch die Drehung eines halb hell leuchtenden, halb tiefschwarzen Mondes zustandekommen.
Die Mondphasen beweisen die Kugelgestalt des Mondes.

Die Sonne steht weit hinter dem Mond, nur so kommt die schmale, sich gleichmäßig auffüllende Sichel zustande. Wie weit, das versuchte Aristarch vor über 2000 Jahren zu messen: wahrscheinlich aus dem Winkel, den für uns der "genaue" Halbmond mit der Sonne bildet, eine Spur weniger als ein rechter Winkel, dieser findet sich im Dreieck Erde-Mond-Sonne am Mond. In diesem Dreieck fand Aristarch, dass die Sonne etwa 20 mal weiter von uns entfernt ist als der Mond. [Für Aristarch war damit das allgemein geglaubte rund um die Erde kreisende Weltsystem 'gestorben'. Aber fast wäre er daran gestorben, denn kaum jemand, auch nicht Archimedes, wollte ihm die ungeheure Größe des Weltalls glauben und beinahe wäre er der Gotteslästerung angeklagt worden. Erst Kopernikus wagte es, diese inzwischen fast ganz vergessene Idee weiter zu entwickeln.] Spätere, genauere Messungen zeigten sogar: nicht 20 mal, sondern 20 mal 20, also 400 mal so weit ist es zur Sonne. Das können wir nicht einfach nachprüfen, müssen es den Astronomen glauben:
Die Sonne ist 400 mal so weit weg wie der Mond.

Die Sonne erscheint uns am Himmel aber genauso groß wie der Mond:
Die Sonne ist 400 mal so groß wie der Mond.

Damit uns ein 1,6cm großer Cent so groß erscheint wie der Vollmond (oder die Sonne), müssen wir ihn 1,6m weit weg halten, ein 2,5cm großes Zwei-Euro-Stück 2,5m, immer also 100 Durchmesser weit. [1] Das heißt nichts anderes, als:
Die Entfernung Erde-Mond beträgt 100 Monddurchmesser,
Die Entfernung Erde-Sonne beträgt 100 Sonnendurchmesser.


So grob vereinfacht wie diese Messung sind auch die auf diese Weise erhaltenen Zahlen, die aber den Vorteil haben, dass wir sie uns leicht merken können. Dies gilt auch für die folgenden Verhältniszahlen. Die genaueren Zahlen, mit denen die Astronomen arbeiten, sind auf andere Weise ermittelt worden.
Noch etwas ist zu sehen, gelegentlich, wenn bei Vollmond der Mond genau gegenüber der Sonne steht (von der Erde aus gesehen, meistens rutscht er darunter oder darüber hindurch), aber zweimal im Jahr etwa passiert es, die Erde wirft ihren Schatten auf den Mond. Und dieser Schatten ist immer kreisbogenförmig! Aber nur eine Kugel wirft immer einen runden Schatten.
Die Mondfinsternisse beweisen die Kugelgestalt der Erde.

Der Radius des Schattenbogens ist etwa viermal so groß wie der Radius des Vollmonds:
Die Erde ist viermal so groß wie der Mond.
Die Sonne ist also 100mal so groß wie die Erde.

Jetzt kennen wir die "himmlischen Verhältnisse":

Durchmesser Mond - Erde - Sonne
wie 1 : 4 : 400

Durchmesser : Entfernung
Mond: 1 : 100
Sonne: 1 : 100


oder
25 Erddurchmesser passen in die Strecke Erde - Mond
10 000 Erddurchmesser passen in die Strecke Erde - Sonne

Aber jetzt fehlt doch ein Maß: Wievielmal passt ein irdisches Maß, etwa ein Meter (oder Kilometer) hinein?
Eratosthenes hat es vor 2250 Jahren wohl als erster etwa richtig herausgefunden. Er wusste, dass bei ihm in Ägypten in Syene (heute heißt der Ort Assuan) am 21. Juni jedes Jahres zur Mittagszeit die Sonne ganz senkrecht am Himmel steht (und sich zum Beispiel in einem tiefen Brunnenschacht gleißend hell widerspiegelt!). Damals ging der "Nördliche Wendekreis" fast genau durch Syene. In seinem Wohnort Alexandria wirft dann aber der (dort) senkrechte Zeigerstift seiner halbkugeligen Sonnenuhr –seine Spitze ist im Kugelmittelpunkt– einen Schatten in die Kugel, dessen Länge fünfzigmal auf ihren Schüsselrand passt. Daraus schloss er, dass eine Erdumrundung ebenfalls fünfzigmal so weit ist wie die Nord-Süd-Entfernung Alexandria-Wendekreis. Und die Entfernung Alexandria-Syene hatte man schon ausgemessen: 5000 "Stadien". Also gab Eratosthenes den Erdumfang mit 250 000 Stadien an.
Die genauen Zahlen aus dem Lexikon, die andere für uns herausgefunden haben, sind:
Erddurchmesser 12 713 507 ± 3 m (!) über die Pole
Monddurchmesser 3476 km
Abstand Erde-Mond 384 403 km
Abstand Erde-Sonne 149 597 870 km (die "Astronomische Einheit" AE)
"Abstand Erde"
Sonnendurchmesser 1 393 980 km

So, und nun versuchen wir uns einmal das alles maßstäblich vorzustellen.
Gehen wir von der Erde aus und nehmen sie als Ball von 13 cm Durchmesser - statt rund 13 000 km, also 100-millionenfach verkleinert.
Dann ist der Mond 3,5 cm groß und 3,8 m weit weg.
Und die Sonne knapp 14 m groß und 1,5 km weit weg --- nein, das ist noch zu unhandlich.
Machen wir es noch zehnmal kleiner!
Erde 13 mm groß, Mond 3,5 mm - klein und 38 cm weit weg, die Sonne ist ein Ballon von 1,4 m Durchmesser und 150 m weit weg.

Und dann gibt es ja die anderen acht Planeten:
("Mein Vater erklärte mir jeden Sonntag unsere neun Planeten")

Planet Durchmesser mal Erde Sonnenentfernung mal Erde
Merkur 4'880 km 0.38 58 Mio km 0.39 AE
Venus 12'100 km 0.95 108 Mio km 0.72 AE
Erde 12'760 km 1 150 Mio km 1 AE
Mars 6'800 km 0.53 228 Mio km 1.52 AE
Jupiter 143'800 km 11.30 778 Mio km 5.20 AE
Saturn 120'000 km 9.40 1'427 Mio km 9.54 AE
Uranus 52'300 km 4.10 2'870 Mio km 19.20 AE
Neptun 49'500 km 3.90 4'497 Mio km 30.06 AE
Pluto 3'000 km 0.24 5'900 Mio km 39.83 AE

Im Modell werden tausend Kilometer zu einem Millimeter, das Komma rückt neun Stellen nach links.
Ja, der Pluto (eigentlich darf er in dieser Aufstellung gar nicht mehr mitspielen, er wurde 2006 zum Zwergplaneten degradiert) ist dann fast 6 km von unserem Sonnenmodell entfernt und auch gerade wie der Mond 3 mm groß.
Wollen wir in unserer Nachbarschaft und ihrer weiteren Umgebung einen solchen "Planetenweg" anlegen? Dann sind es eine Stunde Fußmarsch bis zu den Planeten Neptun und Pluto. Und dabei durchrasen unser Sonnensystem mit fünffacher Lichtgeschwindigkeit, denn das Licht sollte in ihm nur gerade 30 cm in einer Sekunde zurücklegen, einen Kilometer in der Stunde.
Das Sonnenlicht braucht zum Pluto 5 1/2 Stunden (von der Erde zum Mond gerade etwas mehr als eine Sekunde). Und der nächste Fixstern ist 4 "Lichtjahre" weit entfernt, 40 Billionen Kilometer. In unserem 1 : 1 Milliarde verkleinerten Modell sind das 40'000 Kilometer, der Erdumfang! Haben wir uns denn da wirklich nicht verrechnet? Nachprüfen!

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[1] Es ist immer interessant, wenn man vorher schätzen lässt: Fast jeder wird glauben, der ausgestreckte Arm reiche völlig aus.
Fragt man dagegen (was bei Sonnenschein auch viel vernünftiger ist!): "Wie weit muss ich die Münze von der Wand weghalten, dass sie keinen erkennbaren (Kern-)Schatten mehr wirft?" werden eher viel zu weitreichende Vermutungen geäußert. Die Wahrheit liegt wie so oft dazwischen - und erstaunt begreift man schließlich, dass beides wohl dasselbe Problem sein muss.
Und dann kann uns das Experiment mit der Münze und dem Mond noch etwas anderes zeigen: dass der gerade aufgehende Mond gar nicht größer ist als der hoch am Himmel stehende. Es ist eine -manchmal lebenserhaltende- optische Täuschung, die uns das Hohe und Tiefe kleiner und damit weiter entfernt zeigt als das vor uns liegende. [zurück zum Text]


Noch ein Hinweis auf die Konkurrenz: Wer das mit dem Mond ausführlicher haben will: "Der Mann im Mond" ist ladenswert!